Ein Besuch am 12. September 2020
Nach einer abendlichen Zusammenkunft im Garten Avalon in Herdecke mit Peter und Cornelia Krause-Keusemann und ihren Freunden als Einstimmung, bei der Declan die Themen Permakultur, Gemeinschaft und Dortmunder Umweltkulturpark vorstellte, besuchen wir zusammen mit den übriggebliebenen Interessenten das Gelände in Dortmund-Barop am Samstagvormittag.
Schon die Fahrt dorthin lässt erahnen, wie sich Natur und Stadt einander annähern können. Denn kommend aus südlicher Richtung empfindet man nicht das Gefühl, sich in der Stadt zu befinden.
Für Declan ist es etwas ganz besonderes, an diesen Ort zurückzukehren, an deren Entwicklung er, seine Frau und vier weitere Planer in einer Arbeitsgemeinschaft ab 1986 beteiligt waren. Der UmweltKulturPark wurde als Modellprojekt für ökologische Innovation und Stadterneuerung im Umland der Universität Dortmund konzipiert.
Bei Sonnenschein und angenehm spätsommerlichen Temperaturen werden wir am südöstlichen Eingang des Parks von in den Park ziehenden Bürgern gegrüßt. Teilweise ausgerüstet mit Obstpflückern streben sie zum Ernten hinein. Dieser Teil des Parks mit seinen Obstbaumwiesen wird in der Zonierung der Permakultur als Zone IV bezeichnet.
Nach wenigen Schritten im Park blicken wir von Süden her auf eine hanghafte Wiese, reich an Obstbäumen. Sie ist im Hintergrund durch höhere und dichte Vegetation halbkreisförmig umfasst – geschützt in einer Sonnenfalle. Nur ein paar Momente später ist unsere Gruppe schon mit Birnen ausgerüstet und der eine oder andere ergänzt sein Frühstück.
Schnell kommt Declan ins Erläutern der planerischen Intentionen und permakulturellen Hintergründe. Er erklärt, dass ein Vorteil dieses Geländes bei der Auswahl des Standortes die Diversität der Böden war. Damit ist die Möglichkeit des Gedeihens unterschiedlichster Pflanzen und Bäume gegeben. Ein reger Austausch findet statt.
Wir schlendern weiter entlang der zahlreichen Sonnenfallen, in denen sogar Wein seinen Platz in Dortmund findet. Später berichtet mir Declan, wie er sich in eine dieser Fallen begab und die Wärme des Mikroklimas fühlen konnte, die es erzeugt. Die Umsetzung der Hecken in einem geschwungen Schnitt, der auch Sonneneinstrahlung in der hinteren Ecke begünstigt, begeistert ihn sehr.
Herzlich werden wir nun im Kern des UmweltKulturPark, der Zone I, von Christoph, Vereinsvorstand, Rebecca und Jesaja aus Südkorea, die sich schon seit 15 Jahren hier engagieren, und Antigoni, die vor zwei Jahren hinzugestoßen ist, willkommen geheißen.
Schnell kommen wir Heilkräutern wie Beifuß, Huflattich, Johanniskraut, Weinraute und Zitronenverbene näher. Ringelblumen fallen sofort ins Auge. Sie wachsen hier zwischen den Kräutern nicht nur des schönen Anblicks wegen, sondern auch wegen ihrer bodenverbessernden Eigenschaften. Die Anordnung der Pflanzen ist ausgewählt. Höhere, buschigere Kräuter schaffen ein Mikroklima für kleinere Kräuter und schützen diese vor dem Wind. Sogar ein eingetopfter Feigenbaum aus Griechenland hat seinen Weg an das Beet gefunden. Der Fokus lieg auf einheimischen Pflanzen, erklärt uns Antigoni, wobei es vereinzelt auch Südländer gibt, die zum Winter hin in das Gewächshaus umgesiedelt werden können. Sie verdeutlicht uns dabei die Anpassungsfähigkeit und Gewöhnung der Pflanzen an das vorherrschende Klima, begünstigt auch durch mildere Winter.
Rebecca erläutert, dass Heilkräuter keine Nährstoffe, sondern Sonne und Mineralien benötigen. Da der Boden hier generell eher lehmig ist, wurde im Heilkräuterbeet über die Zeit ein Abmagern des Bodes mittels Zugabe von Schotter und Dolomit erreicht. Sie führt aus, dass, je magerer der Boden, desto stärker die Heilwirkung der Pflanzen ist.
Auch eine Kräuterspirale fehlt im Umweltkulturpark nicht. Die Struktur wird gehalten durch Steine. Sie geben Tieren Nestmöglichkeiten und Lebensraum. Spiralenhaft aufgetürmt befindet sich im oberen Bereich ein nährstoffarmer, trockener Standort für Pflanzen mit einem größeren Bedürfnis nach Sonne und Wärme wie Rosmarin, Lavendel, Thymian, Ysop, Oregano, Salbei und Berg Bohnenkraut. Die unteren Ebenen begünstigen einen feuchten und nährstoffreichen Boden. Hier fühlen sich Zitronenmelisse, Estragon, Schnittlauch, Petersilie, Minze wohl. Am Fuße der Spirale findet man einen kleinen Teich, in dem Brunnenkresse schwimmt. Er spendet der Minze die nötige Feuchtigkeit und der Spirale insgesamt Wärme durch seine Reflektionsfläche.
Ein weiterer größerer Reflektionsteich, in unmittelbarer Nähe südlich vor dem Gewächshaus, fördert außerdem den Artenreichtum. Durch seine geschützte Lage bietet er Nistmöglichkeiten und Tiere wie Mulche und Schnecken finden einen Wirkungsbereich. Nicht zuletzt dient er als Wasserreservoir für trockenere Zeiten. Die im Park vorhandene Artenvielfalt bewirkt eine gegenseitige Unterstützung der Pflanzen und übt eine Anziehung auf unterschiedlichste Insekten aus, die ihren Teil zu einem gelungenen Naturkreislauf beitragen. Brennnessel wächst hier zusammen mit Kürbis und anderen Pflanzen. Der Wunsch besteht, den Wuchs auch der Natur zu überlassen und den einzelnen Pflanzenarten Raum zu geben für das Gedeihen im größeren Zusammenspiel miteinander.
Der anspruchslose Magentaspreen – Verwendung wie Salat oder Spinat – sät sich selbst aus und ist herzlich willkommen, wie das Leben, das was schon da ist. Künstlich zu versuchen, Vieles hereinzubringen, was nicht wirklich zum Umfeld passt, ist hier nicht das Credo.
Bei der Kultivierung von Pflanzen helfen Parkbeete. Gelegen entlang höher frequentierter Wege, werden hier Pflänzchen herangezogen. Täglich wacht ein vorbeiziehendes Auge über die Jungpflanzen und kann das Heranwachsen beobachten. Zarte Pflanzen schmecken beispielsweise Schnecken besonders gut und wären in den größeren Beeten schnell von ihnen besetzt. Haben die Pflanzen eine gewisse Robustheit erreicht, findet eine Umsiedlung in die größeren, entlegeneren Beete statt. Wir erfahren, dass Strigoli ein einheimisches Gemüse ist. Das hierzulande etwas vernachlässigte Leimkraut hat einen leichten Erbsengeschmack. Direkt daneben wächst die Kronenwucherblume – eine Chrysantheme. Rebecca führt aus, wie die jungen Blätter in Korea als Salat oder Küchenkräuter verwendet werden. Ebenso in der Nachbarschaft zu finden ist der einjährige Beifuß – ein Vielkönner. Er hält Nacktschnecken und Kaninchen vom Beet fern und hilft dem Menschen bei Fieber, Schlappheit, Malaria und Krebs.
Die Prinzipen der Permakultur lassen sich hier wunderbar erkennen. Das Resultat ist beeindruckend, wenn man die Wege mittenmang der Beete zieht. Wenn diese bunte Pracht der Diversität auf das Auge fällt und die lieblichen Gerüche der Pflanzen und deren Blüten ein innerliches Aufwecken der Sinne befördern. Dieses sichtbare Zusammenspiel der Arten. Es tobt das Leben, es summt, es fliegt, es krabbelt und es genießt auch ruhig den Sonnenschein. Man ist angeregt zum Verweilen. Allerhand Möglichkeiten stehen dafür bereit. Sitzmöglichkeiten laden ein, selbst Teil der Vielfalt zu werden, einzutauchen in den Lauf der Natur und zu spüren, wie sie uns selbst nährt und belebt.
Zu einem ausgedehnten Abschluss unseres Besuches versammeln wir uns um einen ausladenden Holztisch. Geborgen unter einem Apfelbaum tauschen wir Eindrücke, Ansichten und Ideen aus und lassen den Vormittag ausklingen. Genährt werden wir auch durch das, was der UmweltKulturPark hervorbringt: mit Kräutertee, Saft, Tomaten und Birnen.
Es gäbe noch mehr zu berichten: von außergewöhnlichen indischen Pflanzen zwischen den Tomaten im Gewächshaus wie den drolligen Bittergurken, vom sehr geschätzten Roten Meier, … Vieles bleibt noch zu entdecken.
Ein wunderbarer Tag, der auch Declan noch länger mit Freude erfüllt.
Herzlichen Dank an den Förderverein Permakultur Dortmund e. V. und alle Mitwirkenden!